US-Wahl 2024

US-Wahl im Unterricht - Geschichte und Politische Bildung für 16- bis 18-Jährige
Die USA und Österreich sind beides Demokratien, unterscheiden sich jedoch in ihrer Wahlpraxis und ihren politischen Strukturen erheblich.
Dieser Blogbeitrag bietet eine kompakte Übersicht über die Wahlsysteme in den USA und Österreich, um Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern einen direkten Vergleich der demokratischen Prozesse in beiden Staaten zu ermöglichen.
Das vorliegende Material – es steht auch als Download zur Verfügung – soll im Unterricht die verschiedenen Aspekte der Wahlsysteme verständlich und anschaulich vermitteln. Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei nicht nur die Unterschiede kennenlernen, sondern auch ein Verständnis dafür entwickeln, wie Demokratie – je Kontext unterschiedlich – funktionieren kann.
Hinweise zum Arbeitsblatt (für die Lehrkraft)
Die Aufgaben sind auch lösbar, ohne den Text vorab gelesen zu haben. Die angegebenen Zeiten sind Richtwerte. In Klassen, die gerne diskutieren, kann mehr Zeit eingeplant werden. Das Arbeitsblatt ist so konzipiert, dass es interaktive und diskussionsfördernde Aufgaben enthält.
- Aufgabe 1: Die allgemeine politischen Landschaft in den USA - Dauer: 20 Minuten
- Aufgabe 2: Die aussichtsreichsten Kandidat:innen - Dauer: 1 Unterrichtseinheit
- Aufgabe 3: Die Bundesstaaten und deren Bedeutung - Dauer: 15 Minuten (plus anschließender Diskussion in der Klasse)
- Aufgabe 4: Die unterschiedlichen Wahlsysteme - Dauer: Erster Teil 10 Minuten, zweiter Teil abhängig von der Diskussionsbereitschaft der Klasse
Wir hoffen, dass dieser Blogbeitrag eine wertvolle Unterstützung für Ihre Arbeit darstellt und dazu beiträgt, das politische Bewusstsein und das Interesse Ihrer Schülerinnen und Schüler zu fördern. Nutzen Sie die bereitgestellten Informationen, um lebendige Diskussionen anzuregen und die jungen Menschen dazu zu ermutigen, politisches Interesse zu entwickeln.
Viel Erfolg beim Einsatz im Unterricht!
Der folgende Abschnitt richtet sich direkt an die Schülerinnen und Schüler.
Er soll ihnen helfen, zu verstehen, dass Demokratien unterschiedlich aussehen können.
Wahlrecht: Wer darf wählen?


In einer Demokratie geht das Recht vom Volk aus. Dies ist einer – wenn nicht sogar DER – Pfeiler einer Demokratie.
Österreich | USA |
In Österreich ist dieser Grundsatz in der Verfassung niedergeschrieben. | Die Idee, dass die Macht vom Volk ausgeht, ist in den USA in der Präambel zur Verfassung verankert. |
Auszug aus der Österreichischen Verfassung (Artikel 1) „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ |
Auszug aus der Präämbel der Verfassung der USA „We the People of the United States, in Order to form a more perfect Union, establish Justice, insure domestic Tranquility, provide for the common defence, promote the general Welfare, and secure the Blessings of Liberty to ourselves and our Posterity, do ordain and establish this Constitution for the United States of America“ Übersetzung: „Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, verabschieden und etablieren diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika, um eine vollkommenere Union zu bilden, Gerechtigkeit zu schaffen, innere Ruhe zu gewährleisten, für die Landesverteidigung zu sorgen, das allgemeine Wohlergehen zu fördern und uns und unseren Nachkommen das Glück der Freiheit zu bewahren.“ |
Wichtige Begriffe in diesem Abschnitt
Verfassung = grundlegendes Regelwerk eines Staates, das festlegt, wie dieser organisiert ist und welche Rechte und Pflichten Bürgerinnen, Bürger und Regierung haben
Präambel = Einleitung eines Gesetzes oder einer Verfassung, die die grundlegenden Ziele und Prinzipien darlegt
Wer ist überhaupt das Volk?


Welche Definitionen werden geschaffen, um das Volk greifbarer zu machen.
Ist das Volk die Summe aller Menschen, die innerhalb der Landesgrenzen leben?
Anders gefragt: Dürfen alle Menschen wählen, die in einem Land wohnen? Bei der Beantwortung dieser Fragen zeigen sich Unterschiede dieser beiden Wahlsysteme.
Wahlberechtigung
Österreich | USA |
In Österreich sind Staatsbürgerinnen und -bürger aktiv wahlberechtigt, wenn sie das erforderliche Mindestalter (=16 Jahre) erreicht haben.
Österreicherinnen und Österreicher, die in Österreich wohnen, sind automatisch in der sogenannten Wählerevidenz gespeichert und müssen keinen Antrag stellen. |
Um die Wahlberechtigung in den USA zu erhalten, sind fünf Kriterien zu erfüllen. Sobald eine nicht erfüllt ist, ist eine Stimmabgabe nicht möglich. Wahlalter: Anders als in Österreich dürfen Menschen erst mit 18 Jahren wählen (in bestimmten Bundesstaaten wurde das Wahlalter auf 17 Jahre gesenkt). Staatsbürgerschaft: Hier gilt die gleiche Bestimmung wie in Österreich: Nur Staatsbürgerinnen und Staatsbürger dürfen wählen. Der Nachweis erfolgt entweder mit einem US-Pass oder auf eine andere Art und Weise. Wohnsitz: Es ist nur möglich, in dem Bundesstaat zu wählen, in dem man wohnt. Registrierung für Wählerinnen und Wähler: In fast allen Bundesstaaten müssen sich Wählerinnen bzw. Wähler bei der Behörde registrieren lassen. |
Gerichtliche Verurteilungen schließen vom Wahlrecht aus. Nicht jede Verurteilung führt automatisch zu einem Verlust des Wahlrechts, die Richterin oder der Richter entscheidet immer im Einzelfall. Das aktive Wahlrecht wird nur aberkannt, wenn jemand
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Auch in den USA können Menschen das Wahlrecht verlieren, wenn sie aufgrund von Straftaten verurteilt wurden. Diese Regelung kann von Bundesstaat zu Bundesstaat variieren. |
Wichtige Begriffe in diesem Abschnitt
aktives Wahlrecht = Recht, an Wahlen teilzunehmen und die Stimme abzugeben
bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe = zu einer Strafe verurteilt, aber der oder die Verurteilte muss nicht ins Gefängnis
Vorsatz = die Absicht, etwas zu tun
rechtskräftigt verurteilt = Gegen die Entscheidung des Gerichts kann nichts mehr unternommen werden.
Anders als manchmal angenommen, dürfen Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen oder psychischen Erkrankungen wählen. Sowohl die österreichische Verfassung als auch die UN-Behindertenrechtskonvention (Art 29) garantieren die Möglichkeit an der politischen Teilhabe.
Zusatzinfo
Wählen ohne österreichische Staatbürgerschaft ist in Österreich auch möglich. Jedoch betrifft dies nur EU-Bürgerinnen und -bürger und die Wahl zum EU-Parlament sowie die Gemeinderatswahlen. Sonderregel für Wien: Hier dürfen EU-Ausländer:innen bei den Bezirksvertretungswahlen teilnehmen, nicht jedoch bei den Gemeinderatswahlen.
Wahlsysteme im Vergleich: Mehrheitswahl vs. Verhältniswahl




Österreich | USA |
Ganz anders als in den USA laufen die Wahlen in Österreich ab. Das Verhältniswahlrecht soll garantieren, dass die Sitze im Parlament proportional zu den abgegebenen Stimmen verteilt werden.
Ein Beispiel: Sollte eine Partei 25% der Stimmen bei der Wahl zum Nationalrat bekommen, dann erhält diese Partei auch ungefähr 25% der Sitze im Nationalrat.
Damit soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Gruppen von Wählerinnen und Wählern im politischen Prozess abgebildet werden und die politische Landschaft heterogen dargestellt wird. Die österreichische Verfassung hat jedoch einen Mechanismus eingebaut, damit es nicht zu einer zu großen politischen Zersplitterung kommt. Dieser Mechanismus wird als „Vier Prozent Hürde“ bezeichnet.
Sollte es einer Partei nicht gelingen – verteilt über ganz Österreich (Beispiel Nationalrat) – vier Prozent aller möglichen Stimmen zu erhalten, kann diese Partei nicht in den Nationalrat einziehen. Diese Sperrklausel soll die Bildung einer Regierung vereinfachen. |
Wird über das Mehrheitswahlrecht gesprochen, fällt oft der Slogan „The winner takes it all”. Was ist damit gemeint?
In den USA bedient man sich eines Wahlsystems für die Präsidentschaftswahl, das sich deutlich von den meisten anderen Ländern der Welt abhebt. In vielen modernen Demokratien wird die Präsidentin bzw. der Präsident direkt von der Bevölkerung gewählt. Die Person, die mehr als 50% der Stimmen erhält, hat die Wahl gewonnen. Anders ist es in den USA, wo das Volk das Staatsoberhaupt nur indirekt wählen kann.
Die Aufteilung der USA erfolgt in 50 Bundesstaaten plus Washington D.C. Jeder dieser Bundesstaaten hat eine bestimmte Anzahl an sog. Wahlmännern (Electors). Die Anzahl der Wahlmänner hängt von der Bevölkerung in einem Bundesstaat ab. Leben viele Menschen in einem Bundesstaat, dann stellen diese Bundesstaaten mehr Electors. Ganz egal, wie wenig Menschen in einem Bundesstaat leben, er muss mit mindestens 3 Wahlmännern vertreten sein.
Am Tag der Wahl geben die Amerikanerinnen und Amerikaner nicht dem Präsidenten die Stimme, sondern den Wahlmännern ihres Bundesstaates. Die Kandidatin bzw. der Kandidat, der/die die meisten Stimmen in einem Bundesstaat bekommt, erhält alle Wahlmännerstimmen. – The- Winner-takes-all-Prinzip (Ausnahmen sind die Bundesstaaten Maine und Nebraska. Dort werden lediglich zwei Wählmänner nach diesem Prinzip vergeben, die anderen Stimmen werden nach dem Verhältniswahlrecht verteilt.)
Nach der Wahl ist bereits klar, wer das neue Staatsoberhaupt der USA werden wird, allerdings erfolgt die Wahl zum Präsidenten bzw. zur Präsidentin durch die Wahlmänner am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember.
Damit eine Kandidatin Präsidentin oder ein Kandidat Präsident wird, benötigt diese Person mindestens 270 von 538 Stimmen. |
Mehrheitswahlrecht in den USA
Zusatzinfo
Durch das Mehrheitswahlrecht kann es durchaus passieren, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat die Präsidentschaft gewinnt, obwohl diese Person über das ganze Land verteilt weniger Stimmen als seine Gegnerin bzw. sein Gegner erhalten hat.
Ein Blick in die jüngste Geschichte zeigt, dass Donald Trump 2016 weniger Stimmen als Hillary Clinton hatte, aber über die Mehrheit der Wahlmänner verfügte („Popular Vote“).
Verhältniswahlrecht in Österreich
Zusatzinfo
Grundmandat = eine Partei erhält in einem Wahlkreis genügend Stimmen, um zumindest einen Sitz im Nationalrat direkt zu gewinnen. Wenn eine Partei ein Grundmandat erreicht, muss sie nicht die landesweite Vier-Prozent-Hürde überschreiten, um ins Parlament einzuziehen.




Der Wahltag: Dienstag vs. Sonntag
Möglichst viele Menschen sollen wählen gehen können – dieses Ziel verfolgen sowohl die USA als auch Österreich. Der Wahltag ist jedoch ein anderer. Wie es dazu gekommen ist, sehen wir uns jetzt an.
Österreich | USA |
Traditionell findet die Wahl in Österreich immer an einem Sonntag statt.
In vielen europäischen Staaten - so auch in Österreich – gilt dieser Tag als Ruhetag. Die meisten Menschen müssen nicht arbeiten und somit stellen berufliche Verpflichtungen keinen Hinderungsgrund dar. Die Wahl an einem Sonntag durchzuführen soll sicherstellen, dass viele Menschen Zeit haben. |
In den USA ist der Wahltag der Dienstag. Dies hat historische Gründe und um die zu verstehen, muss der Blick ins 19. Jahrhundert geworfen werden.
Damals war die USA landwirtschaftlich geprägt, die Straßeninfrastruktur war mäßig vorhanden und die Wahllokale lagen vom Wohnsitz oft weit entfernt. Am Sonntag war Ruhetag – der Tag des Herrn – weshalb die meisten Menschen in die Kirche gingen. Mittwoch und Samstag waren Markttage, somit waren diese Tage ebenfalls ausgeschlossen. Zusätzlich musste die benötigte Zeit für die Anreise mitberücksichtigt werden.
So kam es, dass 1845 die Entscheidung fiel, den Wahltag auf einen Dienstag zu legen.
Und warum Anfang November? Der Termin sollte auf einen Tag fallen, an dem bereits die Ernte vom Feld eingeholt worden ist, und er sollte noch vor dem Erntedankfest liegen. |
Kritik: Der Wahltag ist ein normaler Arbeitstag und viele Menschen können es sich nicht leisten wählen zu gehen. Eine gesetzliche Freistellung, um wählen zu gehen, gibt es nicht. Gelingt es einem nicht, eine Einigung mit dem Arbeitgeber zu treffen, wird eine Teilnahme an der Wahl quasi unmöglich. Dies betrifft oft Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen. |
Präsidentielle Wahlen vs. Parlamentswahlen: Unterschiedliche Machtzentren
Während präsidentielle Systeme die Macht auf eine Person konzentrieren, teilen parlamentarische Systeme die Macht stärker zwischen Regierung und Parlament auf.
Präsidentielle Wahlen und Parlamentswahlen unterscheiden sich erheblich in ihrer Struktur und der Verteilung der politischen Macht.
Österreich | USA |
Das österreichische Staatsoberhaupt hat weniger Macht als das amerikanische – d. h. aber nicht, dass die Bundespräsidentin bzw. der Bundespräsident keine bedeutsame Rolle in der österreichischen Politik spielt. Die parlamentarische Demokratie zeichnet sich dahingehend aus, dass die Macht zwischen der Regierung und dem Parlament aufgeteilt ist. Die zentrale Rolle der Gewaltenteilung wird hier ersichtlich. Die Regierung (= Exekutive) und das Parlament (= Legislative) stehen sich gegenüber. Eine der zentralen Aufgaben der Bundesregierung ist die Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen. Sie selbst stimmt nicht über die Gesetzesvorschläge ab, sondern übergibt diese dem Nationalrat. Dieser entscheidet, ob ein Gesetz beschlossen wird oder nicht. |
In präsidentiellen Systemen, wie in den USA, wird der Präsident bzw. die Präsidentin direkt vom Volk gewählt und fungiert als Staatsoberhaupt UND Regierungschef. Der Präsident bzw. die Präsidentin hat eine starke exekutive Macht und ist unabhängig vom Parlament (Kongress). Dies bedeutet, dass der Präsident bzw. die Präsidentin eigenständig Entscheidungen treffen und Gesetze vorschlagen kann, ohne direkt auf die Zustimmung des Parlaments angewiesen zu sein – wenngleich er bzw. sie oft dessen Unterstützung braucht, um Gesetzesvorhaben durchzusetzen. |
Zusatzinfo
Wer mehr über die Rechte und Pflichten des österreichischen Staatsoberhauptes wissen möchte:
Amtszeit
Österreich | USA |
Die österreichischen Wahlberechtigten dürfen alle fünf Jahre den Nationalrat wählen. | In den USA wird das Amt des Staatsoberhaupts alle vier Jahre gewählt. |